Jan Peter Thorbecke's Holzschnitte

Zur Ausstellungseröffnung am Freitag, 13. Juli 2018, 19.00 Uhr sind Sie herzlich eingeladen.
Galerie Kunstgrenze, Kreuzlinger Strasse 56, Konstanz


Der nachfolgende Text von Roland Held beschreibt das Werk und den Künstler sehr eindrücklich.
JPT3
„Die Ausschnitte der Feierszenen sind, wie gewohnt, die unbeholfen schrägen eines Hobby-Fotografen. Zwei kleine Paysagen pur haben sich unter die Gesellschaftsbilder gemischt. Oder ist’s nur eine? – Im Extramfall lassen sich Menschen und Bäume nicht mehr unterscheiden. Ein anderes Bild zeigt ein Mädchen im hellen Mantel, eine Treppe herabsteigend, von deren Diagonale es schier geköpft wird. Schliesslich, rechts oben, offenbar das gleiche Kind, nur jetzt sitzend und womöglich noch ein, zwei Jahre davor. Hinter seiner schwarzen Haarkappe spannt sich ein weisses Rund, von Punzlöchern umdimmert, so dass man sich an einen vibrierenden Nimbus gemahnt fühlt. Sollte sich gar ein Christkind, ein junger Buddha ins Familienalbum verirrt haben?

Mit was für fiktiven Erinnerungen jongliert der Blatt-Schöpfer da überhaupt? Abhold jedem Pathos, jedem Exzess an Spekulation, ist Thorbecke eigentlich keiner, der es auf Allegorien anlegt. Etwa auf die Veranschaulichung eines Lebensweges, der nach Durchquerung der Sphären von Natur und Gesellschaft das persönliche Heil – sei’s das einer Ideologie, sei’s das eines religiösen Glaubens – umarmt. Nein nichts läge ihm ferner. Was allerdings nicht ausschliesst, dass die allegorische Dimension sich unterschwellig in einem Werk, zumal einem so komplexen, bemerkbar zu machen versteht. Das Blatt bleibt anspruchsvoll genug, wenn wir es „nur“ einer profanen Deutung unterwerfen, nach welcher es darin um die Simultaneität unterschiedlicher Wahrnehmungen und Wirklichkeiten geht.

Greifen zu diesem Zweck nicht auch die Regisseure von Spiel- und Dokumentarfilmen immer wieder auf das Prinzip der geteilten Leinwand zurück? Ein Kopf, ein Gehirn reicht vollauf aus, um sich gleichzeitig mit Erinnerungen, Sensationen und Projektionen zu befassen, sich durch Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges zu bewegen. Bergson würde nicht widersprechen, wenn er hören könnte: all das ist in unserem Album enthalten.“

Bild: Jan Peter Thorbecke, Holzschnitt 2007: "ALBUMBLATT 1950" http://www.jan-peter-thorbecke-art.de